Pünktlich zu Halloween stellt Optinal Mittelgrund in seinem 100. Beitrag einige Musiker vor, die üblicherweise nur maskiert in der Öffentlichkeit auftreten. Passend zu unserem Bildungsauftrag greifen wir hierbei nicht auf allseits bekannte Künstler wie KISS oder Slipknot (böse Zungen sagen Tonkpils!) zurück, sondern beschränken uns auf etwas obskurere Gesellen aus der Avantgarde.
Aufmerksamen Lesern dieses Blogs ist der Name Buckethead sicherlich bereits mehrmals über den Weg gelaufen. Seine Maskierung besteht aus einer einfachen weißen Kunststoffmaske, wie es sie auch hierzulande bspw. bei Amazon gibt. Hinzu kommt der namensgebende Pappeimer in verschiedenen Variationen. Alternativ ist der Künstler mit anderen Masken zu sehen, aber niemals ohne. Bucketheads Bekanntheit, insbesondere in den Vereinigten Staaten, ist zwar nicht gerade gering, in Deutschland ist er aber weiterhin allenfalls als ehemaliger Gitarrist der Klamauktruppe Guns N' Roses bekannt. Zu Unrecht natürlich, denn Brian Carroll, wie der Gitarren-Weirdo bürgerlich heißt ist schon seit 20 Jahren im Geschäft und hat bereits in den zehn Jahren vor seinem Intermezzo bei Axls Komödiantenstadl mit mehr Musiklegenden und genialen Vorreitern der Szene musiziert, als Axl Rose in seinem ganzen Leben jemals schaffen wird. Zu seinen Entdeckern und frühen Förderern zählen die Lichtgestalten Bill Laswell, Bootsy Collins und John Zorn, mit denen er sämtlich auch heute noch gelegentlich arbeitet. Hinzu kamen schnell der 2005 verstorbene Improvisationsguru Derek Bailey, Bootsys Kollege von Parliament-Funkadelic Bernie Worrell sowie die Primus-Veteranen Les Claypool und Bryan "Brain" Mantia. Später folgten noch die Schauspieler und Musiker Viggo Mortensen und Bill Moseley. Legendär sind die verbockten Vorspieltermine des Virtuosen: Ohne jemals eine Note der Band gehört zu haben, spielte Buckethead zu Beginn seiner Karriere erfolglos als Ersatz für John Frusciante bei den Red Hot Chili Peppers vor und weigerte sich später, für Ozzy Osbourne seine Maske abzulegen. Nur Axl Rose gelang es, mit Hilfe einer äußerst seltenen Leatherface-Puppe, den kauzigen Gitarristen zumindest für einige Jahre an sich zu binden. In den letzten Jahren veröffentlichte der Künstler eine Vielzahl von Soloprojekten und war mit Kollegen wie That 1 Guy mehrmals auf Tour durch Nordamerika.
http://www.bucketheadland.com
Einen nicht zu verachtenden Einfluss auf die Musikszene der letzten 40 Jahre haben und hatten The Residents. Bis heute weiß die Öffentlichkeit nicht, wer hinter den ulkigen Masken in der Form von Augäpfeln wirklich steckt. Die amerikanische Truppe lässt sich seit 1976 von der Cryptic Corporation in der Öffentlichkeit vertreten. Gastmusiker umfassen u. a. die Europäer Philip Lithman und N. Senada. Die Experimente und bisweilen bizarren Interpretationen fremder Stücke haben der Band eine eingefleischte Gefolgschaft beschert, zu denen auch bekannte Künstler wie Matt Groening gehören. Der bereits im Zusammenhang mit Buckethead genannte Les Claypool attaptierte den markanten Gesang des nur als "Rezsinger" bekannten Sängers der Band. Der Legende zufolge entstammte der Name der Gruppe einer Absage durch den Konzern Warner, der ein Absageschreiben an die unbenannten Bewohner (engl. Residents) der angegebenen Adresse schickte. Dies hielt den Haufen jedoch nicht davon ab, die Musikwelt mit Alben wie der Beatles-Persiflage "Meet the Residents" oder dem provozierenden "Third Reich & Roll" zu schockieren. 1979 gab es für "Eskimo" sogar fast eine Grammy-Nominierung. Nachfolgend gingen die Residents erstmals auf Tour und stellten immer neue Multimedia-Projekte vor.
http://www.residents.com
Nicht weniger bizarr als die Vorgenannten, dafür aber etwa weniger öffentlichkeitsscheu ist Jeff Plewman alias Nash the Slash. Nach frühen Erfahrungen mit seiner Band FM und diversen Filmusikarbeiten trat Plewman 1979 erstmals mit den Gesichtsbandagen auf, die sein Markenzeichen werden sollten. Anlass dieser Maskierung war der atomare Unfall von Three Mile Island, der sich im März 1979 ereignete. Plewman wollte auf die drohende Verstrahlung der Bevölkerung aufmerksam machen und behielt die Maskierung fortan bei. 1980/81 tourte er mit dem Elektronik-Pionier Gary Numan, was ihm zu erster internationaler Bekanntheit verhalf. Das 1981 in den Studios von Pink Floyd aufgenommene Album "Children of the Night" beinhaltete eigenwillige Coverversionen von "Smoke on the Water" (hier als "Dopes on the Water"), "19th Nervous Breakdown" von den Stones sowie das auf Prokofievs "Peter und der Wolf" aufbauende "Wolf" und errang dank des unüblichen E-Violinen-Sounds Kultstatus. Heute ist der Künstler meist nur noch in seiner Heimat Ontario unterwegs, unterbrochen von gelegentlichen Auslandsreisen wie einer Tour durch das Vereinigte Königreich im Jahre 2008.
http://www.nashtheslash.com
Ebenfalls Veteranen aus den 70ern sind Douglas Pearce und sein Musikprojekt Death in June. Eigentlich aus der extremen Linken Londons kommend, schockte das Trio mit provokanten Symbolen und Texten, die sich unverhohlen der Nazi-Ästhetik bedienten. Im Gegensatz zu Vorbildern wie Throbbing Gristle oder den schon genannten Residents schaffte Pearce mit seinen Kollegen Tony Wakeford und Patrick Leagas das jedoch so gut, dass dem bekennenden Schwulen Pearce dieser "Makel" noch heute anhaftet und er auch weiterhin sehr gut Geld damit verdienen kann - regelmäßige Kontroversen natürlich inklusive. Diese gipfelten im neuen Jahrtausend in einigen Konzertverboten und ab 2005 in der Indizierung der Alben "Brown Book" (1987) und "Rose Clouds of Holocaust" (1995) durch die Bundesprüfstelle. Auf diesen Werken war vom anfänglichen Trio allerdings nur noch Pearce selbst verblieben, unterstützt durch einige namhafte Vertreter des von ihm mitbegründeten Neofolk, darunter auch David Tibet. Seine Maske fand der Engländer in einem Karnevalsgeschäft in Venedig. Zuletzt trat Pearce nur noch mit einem Duo auf und zog sich weitesgehend aus der Öffentlichkeit zurück. Bislang letztes Lebenszeichen des im australischen Exil lebenden Künstlers war das Studioalbum "Rule of Thirds" (2008).
http://www.deathinjune.net
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